[News] MTV wird Pay-TV-Sender: Das Ende des deutschen Musik-Fernsehens?

Das deutsche Musikfernsehen ist um ein großes Stück ärmer: Der Musiksender MTV wurde zum 01. Januar 2011 zum Pay-TV-Sender und somit ist das Programm für Fernsehzuschauer nicht mehr frei empfangbar. MTV ist der erste Sender, dessen Programm von einem etablierten frei empfangbaren TV-Angebot zu einem kostenpflichtigen TV-Programm umgewandelt wird. Ist das nur ein einzelnes Ereignis oder der Anfang eines Phänomens, das Free-TV aufgrund von singenden Quoten und Werbeeinnahmen ins Internet oder Bezahl-Fernsehen abwandern lässt?

MTV (Music Television) hatte seinen Sendebeginn und Ursprung in den USA am 1. August 1981 um 00:01 Uhr. Von dort an begann der Siegeszug des ersten Musiksenders auf dem gesamten Erdball. Als erstes Musikvideo wurde „Video Killed the Radio Star“ von den Buggles gesendet. Der Sendestart war zwar nicht sonderlich erfolgreich, doch baute MTV schnell eine Monopolstellung in den USA auf und erreichte Jahr um Jahr Zuschauerrekorde. Viele Karrieren der heutigen Megastars gründen auf den Auftritten bei MTV. Neben Bon Jovi und Michael Jackson, wurde auch Madonna in den 1980ern durch MTV bekannt. Zunächst wurden vornehmlich Musikvideos gezeigt. Heutzutage werden hauptsächlich auf Jugendliche zugeschnittene TV-Shows ausgestrahlt. Mittlerweile gibt es 50 regionale Ableger in Afrika, Asien, Australien, Europa, Lateinamerika, Nordamerika und im Nahen Osten. Nach eigenen Angaben werden so 481,5 Millionen Haushalte in 179 Ländern erreicht. Mit der Entwicklung in Deutschland zum Pay-TV-Sender geht der Sender nun völlig neue Wege. Eine Ära geht zu Ende.

Die Neuerungen sind vielseitig und zudem Teil einer neuen Content- und Verbreitungsstrategie, die ab 2011 umgesetzt werden soll, wie MTV Networks Germany mitteilte. MTV wird von nun an nur noch als digitales Abo-Angebot bei Kabel-, Satelliten- und Breitbandplattformen erhältlich sein. Der neue Sender MTV brand:new ist Teil dieses Konzepts und soll 24 Stunden lang die aktuellsten Musiktrends zeigen. Der Musiksender Viva, der ebenfalls zur selben Gruppe gehört, soll im Gegenzug weiter ausgebaut werden. Programmlich wird sich der erste deutsche Musiksender breiter aufstellen, denn zukünftig werden auf Viva auch MTV-Produktionen laufen, die zunächst ihre Ausstrahlung im Pay-TV hatten. Schwestersender Viva soll ein „Schaufenster der Programmwelt von MTV“ werden. Ähnliche Konzepte laufen auch bereits beim Sky-Pay-TV-Sender, der neue Kinofilme oder Serien exklusiv zuerst bei sich sendet bevor eine Free-TV-Premiere stattfindet.

MTV Networks´ Ziel dieser Strategie ist „exklusive digitale Angebote zu schaffen, über welche Abonnenten ihre Lieblingssendungen früher als im Free-TV und in Premium-Qualität erhalten“. Der General Manager der MTV Networks Dan Ligtvoet verspricht sich einen höheren Wachstum durch ausbalancierte Erlöse. Ein Problem seien die saisonal stark schwankenden Werbeeinnahmen, die durch Abonnenten sichergestellt werden sollen. Die komplette Umstellung eines bestehenden TV-Senders auf Bezahlfernsehen ist in dieser Form einzigartig. Einbußen des Marktanteils sind einberechnet: Im Free TV kommen Viva und MTV derzeit auf jeweils 1,8 Prozent Marktanteil bei Zuschauern zwischen 14 und 29 Jahren, doch soll Viva allein im Jahr 2011 auf 2,5 Prozent steigen.



Kapitulation oder Trendsetter? Die Entwicklung von MTV bleibt weiter zu beobachten, doch festzuhalten bleibt, dass sie Viva im Free-TV weiter stärken und mit den Einnahmen im Pay-TV ein neues Programm produzieren wollen, das wie zum Beispiel die Aushängesendung „MTV Home“, aber ebenfalls mit Verzögerung frei empfänglich zu sehen sein wird. Alle größeren Fernsehunternehmen bemühen sich, ihre Abhängigkeit von Werbeerlösen zu verringern. Die TV-Inhalte sollen dort gezeigt werden, wo sie der Nutzer sehen will, sagt Ligtvoet, wodurch die Zahl digitaler und mobiler Verbreitungsplattformen in Zukunft weiter zunehmen wird. -SR-