Sven: Es sind ja wirklich schon 10 Jahre seit deinem ersten Album „Text und Ton“. WOW, wie die Zeit vergeht. Von der Musikrichtung her warst du in deinen Anfängen eher nahe dem Hip Hop und heutzutage spricht man in den Medien häufig davon, dass du dein eigenes Genre bist. Wie hat sich das verändert mit der Zeit?
Clueso: Ich find das total cool, dass wahrgenommen wird, das sich was Eigenes mache und freue mich, wenn das wirklich so ist. Ich würde es gerne auch benennen, was ich für Musik mache, aber es fällt mir selbst schwer. Ich probiere immer alles aus, ich benutze andere Sachen rotzfrech, wie man auf Deutsch sagt, und versuche immer etwas Eigenes zu schaffen. Damals zu Hip Hop Zeiten war es relativ schwierig, ich wusste selbst nicht was ich bin. Ich bin groß geworden in der Hip Hop Szene und fand das wahnsinnig toll mich dort austoben zu können. Aber man konnte dort sich nicht einfach so bewegen ohne zum Beispiel bei Freestyle-Sessions „einen gucken zu lassen“. Um akzeptiert zu werden musste man mit Reimen und Worten umgehen können – das konnte ich. Ich zwar nicht der Double-Reim-Typ, der die ganzen Styles konnte, sondern war eher Jemand der situativ zurückschlagen konnte. Es war eine Qualität, dass ich gecheckt habe, was im Raum vor sich geht. Und da habe ich das verstanden, dass mein eigentlicher Traum immer war Sounds zu machen und eine Band zu haben. Ich war eben auch nicht nur auf Hip Hop Konzerten gewesen, sondern auch bei Rock, Elektro und in ´ner Kleinstadt läuft ja sowieso alles gemischt. Da findet man den Hip Hopper auf einer Punk Party und umgekehrt. Meine Clique war da auch sehr offen. Ich würde sagen, das war eine natürliche Entwicklung und hatte weniger mit reifer werden zutun. Beide Seiten schlummerten in mir, der Sänger und der Rapper. Ich habe als Rapper angefangen, aber der Sänger war immer stärker in mir. Ich war immer lieber Sänger. Jetzt ist daraus ein Stil geworden, zunächst hab ich mir die Gitarre zunutze gemacht auch ohne Noten. Dann habe ich eine Band kennengelernt, Bandeinflüsse und dann sind auf einmal 10 Jahre rum. Und man kann es einfach nicht leicht definieren, da es einfacher wäre, wenn ich nur Rock machen würde.
Ich habe als Rapper angefangen, aber der Sänger war immer stärker in mir.
Sven: Dein neues Album „An und für sich“! Jeder hat so seine eigene Interpretation über den Albumtitel. Aber was ist deine und warum dieser Titel „An und für sich“?
Clueso: Das war auch das Ziel. Das fand ich an dem Albumtitel auch so spannend, denn wir hatten vorher ein paar Anwärter, aber die waren wirklich stinklangweilig und waren auch relativ schnell vom Tisch. Danach kam dann lange Zeit Nichts. Und dann kam die Idee auf einer Busfahrt mit meinen besten Freunden. Wir hatten uns überlegt, wie das Album heißen soll und an wen es denn adressiert ist. Was passiert überhaupt, wenn man Cluesos Musik hört? Dann kam man auf dieses Wortspiel, dass die Musik für sich ist und an sich selbst adressiert ist. Ich mache die Musik nicht für mich selbst, sondern die Musik ist für sich, also an sich selbst, den Hörer gerichtet. Diese Idee kam zum Einen, aber danach haben wir festgestellt, dass dieses Sprichwort „an und für ich“ einen ganzen Kosmos an Bedeutungen mit sich trägt. Im Internet haben wir ganze Philosophien gefunden über „an und für sich“, dass da das Weltliche und das Menschliche zusammen kommen. Ich find´s toll, denn es ist nicht mehr so wie früher, nicht mehr dieses Gefallen-Wollen, sondern ich sitze da und warte einfach. Der Song entscheidet wann er kommt und auch wenn einer fertig ist. Deshalb habe ich auch das Album und die Tour verschoben, weil einfach einige Dinge noch nicht fertig waren. Wenn´s nach mir gegangen wäre, hätte ich schon viel früher Schluss gemacht. Also es ist unheimlich komplex mit dem Albumtitel, aber der Ursprung ist der, dass ich was Forderndes, aber gleichzeitig Bescheidenes wollte. Es ist eben auch wie bei „Gute Musik“, was sehr frech war, aber auf der anderen Seite auch zeigt, das sich nicht wusste, was ist es denn für Musik. Ich war mir eben einfach nur sicher, dass es gute Musik war.
Ich find´s toll, denn es ist nicht mehr so wie früher, nicht mehr dieses Gefallen-Wollen
Sven: Ja genau das ist ja eben auch der Albumtitel, wenn man sich fragt, was es denn für Musik ist. Die Musik ist an und für sich auf dem Album, hör´s dir eben halt an, wenn du es wissen willst. An und für sich es eben dieses Album mit der Musik, da gibt es dann kein Wort für, das es beschreiben könnte.
Clueso: Ja genau deswegen, es ist dieselbe Situation wie bei Gute Musik. Es ist wieder eine Defintionsfrage, wo ich wieder versuche zu definieren, was Clueso ist.
Sven: Interessant finde ich auch in Zeiten von Lady Gaga und Co., wo manchmal die Show um die Musik größer ist als der eigentliche musikalische Wert. Was sagt eine Plattenfirma zur Albumproduktion, wie viel Einfluss haben sie und wie sieht generell der Einfluss von außen aus?Clueso: Es kommen immer sehr sinnvolle Tipps, manchmal auch Unsinnige aus künstlerischer Sicht. Niemals hat sich meine Plattenfirma eingemischt in meine Songs. Die Tipps waren dann in der Form, dass sie sagen, dass zum Beispiel mit 1 Minute Pause in einem Musikvideo, Viva den Clip nicht spielt. Sie denken an das Produkt und geben da Tipps. Ich habe mich in dem Fall aber entschieden, dass das Video zu „Zu schnell vorbei“ die lange Songversion enthält. Wem´s nicht gefällt, soll´s halt ausmachen. MTV und Viva sind im Prinzip tot – was ich persönlich auch gut finde – denn viele Künstler haben Videos gedreht mit vielen Ideen und mit viel Geld, die dann abgelehnt wurden. Das ist einfach schade, wenn man nichts mehr ausprobieren kann, nichts mehr anders machen darf, wenn es dann nicht mehr gespielt wird. Es ist eben jetzt die Zeit der digitalen Revolution, die wir Künstler nutzen können und sollten. Warum nicht ein Video in Überlänge machen? Man muss eben neue Wege finden und auch in Sachen CD-Verkäufe sind neue Ideen gefragt. Wir haben mit einer Revolution für Deutschland reagiert, dass wir mit dem Kauf der Tickets für die Tour einen legalen Download des Albums mit raushauen. Das hat noch niemand in Deutschland gemacht.
Es ist eben jetzt die Zeit der digitalen Revolution, die wir Künstler nutzen können und sollten.
Sven: Vielleicht auch eine schwere Frage, aber welcher Song ist dein Lieblingslied auf deinem neuen Album?
Clueso: Wie man auch Musik hört, ist es Tagesform abhängig. Aber „Beinah“ mag ich sehr gern, da ist so wenig drin. Es gibt nur eine Orgel und ´nen Beat. Gesang und Gitarre und am Ende noch ein kleines lustiges Keyboard. Den Song find ich cool vom Style her. Von der Tiefe finde ich „Herz“ schön, der geht immer tiefer. Das liegt daran, dass ich auf dem Song etwas anderes vorgebe durch den Elektro-Beat und dann als Sänger, als Typ in dem Lied, nicht ausbreche. Er beschreibt, dass dieses Herz überall rumliegt und nicht nur an einem Platz. Und von der Leichtigkeit her mag ich „Ich bin fürs Rollen“.
Dieser Beitrag besteht aus kurzen Ausschnitten aus dem Interview mit Clueso, klicke hier für das gesamte Interview, denn es lohnt sich.
Hier gehts zum gesamten
Wie hat euch das Interview mit Clueso gefallen? Ist er so sympathisch wie ihr ihn euch vorgestellt habt? Welche Fragen hättet ihr an Clueso gestellt? Teilt diesen Beitrag mit euren Freunden auf Twitter und Facebook!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen