Nachdem wir in unserer neuen Interviewreihe "What`s music for ...!?" vor 14 Tagen mit Regina Görner aufgeschlagen haben, haben wir nunmehr mit mit dem Münsteraner CDU-Bundestagsabgeordneten und Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestags, Ruprecht Polenz, ein sehr interessantes Gespräch über Musik und Gesellschaft geführt, in dem Ruprecht Polenz auch so manches über seinen eigenen musikalischen Background zu erzählen weiß.
"Musik ist eine internationale Sprache. (...) Es gibt etwas, was uns direkt erreicht, ohne dass wir die gesprochene Sprache des Urhebers verstehen müssen." Hallo und herzlich willkommen. 2live4music spricht heute im Rahmen seiner Interviewreihe "What's music for ...!?" mit Ruprecht Polenz. Der CDU-Politiker vertritt die Stadt Münster seit 1994 im Deutschen Bundestag. Dort leitet der ausgewiesene Außen- und Sicherheitsexperte den Auswärtigen Ausschuss. In unserem Gespräch soll es nebst einiger persönlicher musikalischer Fragen vor allem um die Themenbereich "Musik und Demokratie" bzw. "Musik und Frieden" gehen. Vielen Dank, dass Sie sich dafür Zeit genommen haben, Herr Polenz. |
KATEGORIE: AU DÉBUT
2live4music (2l4m): Eingangs folgende Frage: Musizieren Sie selbst? Oder haben Sie das mal getan?
Ruprecht Polenz (RP): Ich habe leider kein Instrument gelernt. Meine Mutter hat meinem Quängeln wahrscheinlich etwas schnell nachgegeben, als ich keine Klavierstunden mehr haben wollte. Das war so nach der dritten, vierten Stunde und dann durfte ich damit aufhören. Heute finde ich das ein bisschen schade, aber seinerzeit war ich sicherlich froh, dass ich mehr Zeit zum Fußball spielen hatte. Ich habe allerdings als Schüler sehr lange im Chor gesungen. Aber heute würde ich da auch lieber nicht mehr die Probe aufs Exempel machen.
RP: Musik ist eine internationale Sprache. Das klingt jetzt merkwürdig, aber es ist ja genauso, wie Gemälde oder Skulpturen eine Kunst, die man versteht, auch wenn man die Sprache dessen, der komponiert hat oder der gemalt hat oder der als Bildhauer tätig war, nicht kennt. Also es gibt etwas, was uns direkt erreicht, ohne dass wir die gesprochene Sprache des Urhebers verstehen müssen.
RP: Ich glaube, das kommt sehr drauf an. Ich mag gerne eine ruhige klassische Musik, um mich zu konzentrieren. Das läuft dann tatsächlich auch so ein bisschen im Hintergrund, was sich die Komponisten vielleicht anders vorgestellt hatten, aber auf mich wirkt das einfach so, dass ich mich dann dabei besser konzentrieren kann. Im Auto finde ich es manchmal besser Musik zu haben, die beschwingt ist, die eine längere Reise auch angenehm begleitet. Und es gibt dann auch Lieder, etwa von Ludwig Hirsch, den ich sehr geschätzt habe, wo ich einfach dann auch sehr aufmerksam zuhöre.
"Ich glaube, ich war eher ein Beatles-Fan."
2l4m: Viele Leute haben Lieblingsmusiker. Bei manchen wechseln sie in regelmäßigen Abständen, andere halten ihren Stars ein ganzes Leben lang die Treue. Wie ist das bei Ihnen? Und falls es da (aktuell) jemanden gibt, wer ist es?
RP: Ich glaube, ich sehe das auch bei meinen Kindern, dass sich irgendwie ein Musikgeschmack in der Zeit raus bildet, wo man jünger ist, wo man auf Partys geht, wo man sich auch über Musik viel unterhält und das war eben bei mir die Zeit, als die Beatles anfingen, als es die Rolling Stones gab. Und da trennten sich dann schon die Geiste. Die einen waren eben mehr für die Beatles, die anderen mehr für die Stones. Ich glaube, ich war eher ein Beatles-Fan. Ich mochte auch Elvis Presley gerne. Und das hat bis heute angehalten. Also, die Lieder, die Songs aus diesen Zeiten, die höre ich mir immer noch gerne an. Das begleitet einen dann wahrscheinlich das ganze Leben und ich habe dann irgendwann auch festgestellt, so bis in die 70er, 80er Jahre war ich auch noch so einiger Maßen auf dem Laufenden, was sich sozusagen, an ganz Neuem in der Pop-Szene tat, aber dann Ende der 80er, Anfang der 90er, ist das dann doch etwas abgerissen. Ich merke dann, wenn ich jetzt etwa die Musikvorlieben meiner Kinder mir anschaue, da muss ich mich dann doch sehr einhören, um das dann irgendwie nachvollziehen zu können.
2l4m: Ohne indiskret sein zu wollen, aber viele Paare haben ein Lied. Gibt es da bei Ihnen und ihrer Frau auch eines und falls ja, würden Sie uns verraten, von wem es stammt und wie es heißt?
RP: Also, wir haben eine besondere Beziehung zu diesem Lied "Que Sera". Das haben wir auch verschiedentlich als Lied zum Tanzen gehabt auf Familienfeiern und die allererste Erinnerung an dieses Lied habe ich allerdings - da kannte ich meine Frau noch gar nicht - da war es nämlich die Filmmusik aus dem Hitchcock-Film "Der Mann, der zuviel wußte".
2l4m: Musik begleitet uns häufig auf sehr unterschiedliche Art und Weise. Lassen sich - außerhalb der Liebe - bestimmten Lebensabschnitten bei Ihnen (beruflich oder privat) bestimmte Lieder zuordnen?
RP: Na, so glaube ich, exakt nicht, aber wie ich schon sagte, vor allen Dingen in der Zeit wo ich hier in Münster angefangen habe zu studieren beispielsweise, da gab es eben Leute, was weiß ich, Ray Charles oder andere, da war man auch ziemlich auf dem Laufenden, wenn die was neues rausbrachten. Das hat dann aufgehört. Im Augenblick verfolge ich sozusagen die aktuelle Musikszene nicht in der Intensität. Mir ist natürlich jetzt auch noch mal bewusst geworden, als jetzt Whitney Houston gestorben ist, dass es eben auch eine ganze Reihe von Songs von ihr gibt, die ich sehr gemocht habe.
2l4m: Gibt es ein Lied, welches Sie persönlich, als Mensch, über alle Maßen geprägt hat?
RP: Ich kann mich schon erinnern an die Lieder "Where Have All the Flowers Gone?" und die der Friedensbewegung aus den 60er, 70er Jahren, Bob Dylan-Songs beispielsweise, wo ich auch teilweise die Texte abgeschrieben habe, um sie mir genauer einzuprägen.
KATEGORIE: PROFESSIONNEL
2l4m: Was macht gute Musik für Sie aus? Wann ist ein Song für Sie ein guter Song? Wann berührt Sie ein Lied?
RP: Ich glaube, das ist auch schwer zu generalisieren und hängt wahrscheinlich auch von der Stimmung ab, wenn ich mir das jetzt so überlege. Ich glaube, manches Lied berührt mich, wenn ich schon in einer bestimmten Stimmung bin, also beispielsweise wenn ich gut aufgelegt bin und höre dann, ein Stück von Chris Barber, dann wird die Stimmung noch ein Stück besser und wenn ich das gleiche Stück von Chris Barber irgendwie höre, wenn ich mich gestresst fühle oder so, dann finde ich es eher, dass es mich nervös macht. Also ich glaube, das ist eher ein zusätzlicher Resonanzboden oder Verstärker für die Stimmung, in der man sowieso schon ist.
"(...) dass die Musik auch ein bisschen Gedächtnisstütze ist (...)."
2l4m: Wie so vieles dem Wandel der Zeit unterliegt, ist auch Musik nie stehen geblieben. Gibt es dabei Entwicklungen, die Sie besonders begrüßen oder bedauern?
RP: Na ich finde es eigentlich gut, dass es immer wieder auch in den Radiosendungen Erinnerungen gibt - an vorangegangene Jahrzehnte. Als Kind fand ich das manchmal etwas merkwürdig, wenn irgendwo Musik aus den 20ern gespielt wurde und aus den 30ern und meine Mutter dann sagte, das erinnere sie an irgendwelche Gegebenheiten aus ihrer Jugend. Und jetzt, zeitversetzt, geht es mir so. Das finde ich schon ganz gut, dass die Musik auch ein bisschen Gedächtnisstütze ist, wenn man sie wieder hört.
KATEGORIE: SOCIÉTÉ
2l4m: Wie sehen Sie das, ist Musik in erster Linie unterhaltsam oder hat sie darüber hinaus eine gesellschaftliche Funktion? Und falls ja, worin sehen Sie diese? Was kann Musik gesellschaftlich bewegen?
RP: Ich hatte mehrfach jetzt bei den Gedenkveranstaltungen des Deutschen Bundestages aus Anlass der Befreiung des Konzentrationslagers Ausschwitz am 27. Januar Musikstücke gehört, die teilweise im KZ komponiert worden waren oder zur Erinnerung an diese Zeit, wo man spüren konnte, dass die - dass die Klänge, die Zerrissenheit, den Schmerz, die Hoffnungslosigkeit ... sehr, sehr gut zum Ausdruck gebracht haben. Und insofern versteht Musik schon auch ... versteht sie schon auch Dinge zu beschreiben, für die wir normalerweise die Sprache brauchen würden. Also Musik kann sehr wohl Dinge ausdrücken.
"Das ist ein starkes Signal, finde ich, das Menschen zeigen: Musik verbindet!"
2l4m: Was fällt Ihnen zu den Stichworten „Musik“ und „Frieden“ bzw. „Musik“ und „Demokratie“ ein?
RP: Musik und Frieden - es gibt sehr schöne Orchester, auch Chorprojekte, wo junge Leute, auch ältere Leute, aus Ländern, die eher miteinander in einer Konfliktsituation sind, gemeinsam musizieren und auf diese Weise zum Ausdruck bringen, dass sie sich eigentlich gut verstehen wollen oder in diesem Chor oder in diesem Orchester auch tatsächlich gut verstehen, weil sie das ja sonst auch nicht gemeinsam aufführen könnten. Das ist ein starkes Signal, finde ich, das Menschen zeigen: Musik verbindet! Und jemand an dem sich das in besonderer festmacht ist ja Daniel Barenboim, der hier auch den Westfälischen Friedenspreis bekommen hat, der solche Orchester zwischen Israelis und Palästinensern als gemeinsame Mitwirkende immer wieder dirigiert, der auch durch die Aufführungsorte versucht Musik friedensstiftend einzusetzen.
2l4m: Inwieweit vermag Musik mit Blick auf den Arabischen Frühling oder aber auch - schon etwas länger her - den Mauerfall, revolutionäre Entwicklungen tragen?
RP: Ja, wir hatten "Wind of Change" von den "Scorpions" in der Zeit des Mauerfalls und dieser Song hat ja auch diese Wandelstimmung aufgenommen. Ich bin jetzt nicht so vertraut, mit nahöstlicher oder arabischer Musik, um irgendein Beispiel nennen zu können, dass jetzt in Tunesien oder in Ägypten vielleicht als Lied eine Rolle spielt. Aber mich würde es nicht überraschen, wenn es solche Lieder gäbe, weil im Grunde ist ähnlich auch wie bei der Malerei es so, dass auch Komponisten, auch Künstler mit ihren - also bildende Künstler - mit ihren Möglichkeiten dem Ausdruck verleihen wollen, was eine Gesellschaft umtreibt. Und es wäre ja ... es ist also aus meiner Sicht nicht zu erwarten, dass nun ausgerechnet in Ägypten oder in Tunesien es den Komponisten quasi die Noten verschlagen hätte, um das mal so auszurücken. Sondern ich kenns nur nicht, ich weiß es nicht, aber ich vermute ganz stark, es wird solche Lieder dort auch geben, die die jungen Leute singen oder die sie hören, wenn sie auf dem Tahrir-Platz sind oder danach.
"Ich glaube, dass das Verbindende - sowohl zwischen Kulturen, als auch zwischen Generationen - vielleicht noch etwas stärker zum Ausdruck kommen könnte."
2l4m: Gibt es andere Stellen, an denen Sie in ihrem Job Musik begegnen?
RP: Unmittelbar in meinem Beruf nicht, aber wenn ich - ich habe zwei mal den Bundespräsidenten ... oder drei mal den Bundespräsidenten auf Auslandsreisen begleiten können - und dann wird man in der Delegation mit dem Präsidenten mit der Nationalhymne begrüßt, wenn man in dem Land dann ankommt. Das ist dann schon noch mal ein besonderes Erlebnis.
2l4m: Welche – professionellen, aber auch persönlichen – Wünsche haben Sie an Musik und musikalische Botschaften?
RP: Ich glaube, dass das Verbindende - sowohl zwischen Kulturen, als auch zwischen Generationen - vielleicht noch etwas stärker zum Ausdruck kommen könnte. Nach meiner Beobachtung wirkt Musik ja heute auch ein bisschen als Kristallisationspunkt für Gruppenbildung - gerade bei jüngeren Leuten. Also die einen sagen Heavy Metal und die anderen sagen - was weiß ich - House oder wie auch immer das dann jeweils heißt und danach unterscheidet man sich dann. Genauso wie die einen, die tragen Markenklamotten und die anderen, die lehnen das ab. Und ich finde, dass es dem Grundgedanken von Musik eigentlich eher nicht entspricht dazu benutzt zu werden, jetzt auch voneinander scharf abgegrenzte Gruppenbildung vorzunehmen.
KATEGORIE: POUR FINALE
2l4m: Stellen Sie sich vor, Sie kommen nach einem harten Arbeitstag oder auch einer ganzen Woche aus Berlin nach Hause: Hat Musik für Sie dann ein entspannendes Element und können Sie Kraft aus ihr schöpfen?
RP: Ja, also ich schalte eigentlich immer das Radio an, höre Musik. Früher weiß ich noch, dass meine Eltern meinten, also man müsse doch, wenn man sich irgendwie konzentrieren wollte, es ganz ruhig haben und warum ich immer, wie soll ich sagen, Begleitmusik hatte. Aber ich finde, für mich wirkt eine - natürlich nicht jetzt, also ich will mal so sagen - Musik wo dann gesungen wird, dabei kann ich mich schlechter konzentrieren. Also es sollte dann eher ein instrumentaler Titel sein, wo ich dann nicht auf einmal anfange auf den Text zu hören. Das würde mich dann schon ablenken. Aber klassische Musik oder eben auch bestimmte Formen von Jazz oder instrumentelle Pop-Titel, die kann ich sehr gut begleitend zu irgendeiner anderen Tätigkeit hören, wenn ich was lese, wenn ich was schreibe, wenn ich irgendwie einfach so da sitze und mir was überlege, dann rundet es eigentlich die Atmosphäre ab.
2l4m: Auf der Suche nach einer Empfehlung abschließend noch eine simple Frage: Ihr aktueller „Ohrwurm“ ist?
RP: Mein aktueller Ohrwurm sind jetzt im Moment einige der Songs von Whitney Houston, an die ich mich jetzt wieder erinnere und die ja in der Tat sehr eingängig sind.
2l4m: Ja, damit findet unser Gespräch an dieser Stelle dann auch ein Ende. Wir bedanken uns noch einmal herzlich bei Herrn Polenz, aber auch bei Euch und Ihnen für das Interesse. Vielen Dank.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen