Interviews


2live4music-Interview mit Clueso
Selten ist ein großer Musiker und Künstler so bodenständig, so nah und so wenig „Star“, wie es bei Thomas Hübner alias Clueso der Fall ist. Doch er ist einer der großen deutschen Sänger und Songschreiber, der schon mit dem jungen Udo Lindenberg verglichen wird. Nach zehn Jahren Musikgeschäft kommt nun sein mittlerweile fünftes Studioalbum im März in die Plattenläden und vieles hat sich verändert. Aber vieles ist auch immer noch „an und für sich“ typisch Clueso und zeigt mal wieder wie Musik abseits des Mainstreams klingen kann.  2live4music war mit Clueso im Interview:

2l4m-Chefredakteur Sven Rickert mit Clueso.

Sven: Es sind ja wirklich schon 10 Jahre seit deinem ersten Album „Text und Ton“. WOW, wie die Zeit vergeht und ich kann von mir sagen, dass ich bei „Gute Musik“ eingestiegen bin dich zu verfolgen. Von der Musikrichtung her warst du in deinen Anfängen eher nahe dem Hip Hop und heutzutage spricht man in den Medien häufig davon, dass du dein eigenes Genre bist. Wie hat sich das verändert mit der Zeit?
Clueso: Ich find das total cool, dass wahrgenommen wird, das sich was Eigenes mache und freue mich, wenn das wirklich so ist. Ich würde es gerne auch benennen, was ich für Musik mache, aber es fällt mir selbst schwer. Ich probiere immer alles aus, ich benutze andere Sachen rotzfrech, wie man auf Deutsch sagt, und versuche immer etwas Eigenes zu schaffen. Damals zu Hip Hop Zeiten war es relativ schwierig, ich wusste selbst nicht was ich bin. Ich bin groß geworden in der Hip Hop Szene und fand das wahnsinnig toll mich dort austoben zu können. Aber man konnte dort sich nicht einfach so bewegen ohne zum Beispiel bei Freestyle-Sessions „einen gucken zu lassen“. Um akzeptiert zu werden musste man mit Reimen und Worten umgehen können – das konnte ich. Ich zwar nicht der Double-Reim-Typ, der die ganzen Styles konnte, sondern war eher Jemand der situativ zurückschlagen konnte. Es war eine Qualität, dass ich gecheckt habe, was im Raum vor sich geht. Und da habe ich das verstanden, dass mein eigentlicher Traum immer war Sounds zu machen und eine Band zu haben. Ich war eben auch nicht nur auf Hip Hop Konzerten gewesen, sondern auch bei Rock, Elektro und in ´ner Kleinstadt läuft ja sowieso alles gemischt. Da findet man den Hip Hopper auf einer Punk Party und umgekehrt. Meine Clique war da auch sehr offen. Ich würde sagen, das war eine natürliche Entwicklung und hatte weniger mit reifer werden zutun. Beide Seiten schlummerten in mir, der Sänger und der Rapper. Ich habe als Rapper angefangen, aber der Sänger war immer stärker in mir. Ich war immer lieber Sänger. Jetzt ist daraus ein Stil geworden, zunächst hab ich mir die Gitarre zunutze gemacht auch ohne Noten. Dann habe ich eine Band kennengelernt, Bandeinflüsse und dann sind auf einmal 10 Jahre rum. Und man kann es einfach nicht leicht definieren, da es einfacher wäre, wenn ich nur Rock machen würde.
Ich habe als Rapper angefangen, aber der Sänger war immer stärker in mir. 
Sven: Ich denke diese Vielseitigkeit ist ja auch genau das, was deine Fans an dir lieben. Aber es ist ja nicht nur dein Stil, der sich verändert hat, sondern auch die Themen in deinen Songs. Früher war´s vielleicht eher der Joint, den man baut, in deinen Songs, was auch ein wenig Klischee ist für Hip Hop. Du sagtest ja auch, man musste angesehen und akzeptiert werden in der Hip Hop Szene. Hat es sich verändert, da du heutzutage auch nicht mehr den Druck hast um Anerkennung zu buhlen und dir was Eigenes aufgebaut hast? Einfach auch die Freiheit hast, das zutun was du machen willst.
Clueso: Ja nein, also es war klar, dass es damals quasi zum guten Ton gehörte, den gewissen Slang mitzubringen. Und das hat mich auch beeinflusst und hat abgefärbt, aber unter den Hip Hoppern wurde mein Album „Text und Ton“ auch gar nicht als Rap-Album abgefeiert. So gesehen war ich nie so tief Rapper für die Rapper. Da kamen auch früher Leute auf mich zu und haben gesagt, „Hey Cluesen, versuch hier nicht auf harter MC zu machen, du kannst Dinge, die wir nicht können, konzentrier dich da drauf.“ Freunde haben mich auch unterstützt. Damals die Fantis [Fantastische Vier] haben das Potenzial in mir gesehen und mir gesagt, in dir steckt mehr. In der Zeit mit den Fantas auf Tour habe ich auch mein Rap-Gürtel abgeschnallt, mich davon einfach etwas gelöst. In der Zeit, wo man nicht genau weiß, was man ist, da ist man eben auch angreifbar. Also wenn man nicht weiß, ist man nun Rapper oder ist man nun Sänger, dann kommen die Leute und sagen, dass es doch Scheiße ist, was du machst.
Sven: Ja klar, auch wenn man sieht, dass du vor 10 Jahren auch erst 20 Jahre alt warst, dann kann man so eine Unsicherheit oder ein „Was bin ich?“ auch verstehen.
Clueso: Ich kann mich dran erinnern, dass ich damals mit Band auf Tour war. Es war auf einer Hip Hop Tour im Jahr 2000 dabei und ich hatte zwei Musiker aus Erfurt mit mir auf der Bühne. In der ersten Reihe standen Leute und haben uns den Mittelfinger gezeigt. Und dann überlegt man auch, ist das nun schlecht, was wir machen oder ist das gut. Aber es gab auch immer wieder Leute in den Reihen der Hip Hopper, die damals schon gesagt haben, jetzt knick nicht ein, es ist cool was du machst. Das war sehr wichtig, dass es solche Leute im Umfeld gibt, die dir auch helfen etwas aufzubauen. Und die auch das, was ich mache „okay“ finden und verstehen, dass es einfach nur anders war als der restliche Hip Hop.
Sven: Dann kommen wir doch zum neuen Album „An und für sich“. Also erst mal muss ich sagen, dass ich das gut finde, denn du haust immer was raus, was jemanden zum Nachdenken bringt. Und jeder hat dann so seine eigene Interpretation darüber. Aber was ist deine und warum dieser Titel „An und für sich“?
Clueso: Das war auch das Ziel. Das fand ich an dem Albumtitel auch so spannend, denn wir hatten vorher ein paar Anwärter, aber die waren wirklich stinklangweilig und waren auch relativ schnell vom Tisch. Danach kam dann lange Zeit Nichts.  Und dann kam die Idee auf einer Busfahrt mit meinen besten Freunden. Wir hatten uns überlegt, wie das Album heißen soll und an wen es denn adressiert ist. Was passiert überhaupt, wenn man Cluesos Musik hört? Dann kam man auf dieses Wortspiel, dass die Musik für sich ist und an sich selbst adressiert ist. Ich mache die Musik nicht für mich selbst, sondern die Musik ist für sich, also an sich selbst, den Hörer gerichtet. Diese Idee kam zum Einen, aber danach haben wir festgestellt, dass dieses Sprichwort „an und für ich“ einen ganzen Kosmos an Bedeutungen mit sich trägt. Im Internet haben wir ganze Philosophien gefunden über „an und für sich“, dass da das Weltliche und das Menschliche zusammen kommen. Ich find´s toll, denn es ist nicht mehr so wie früher, nicht mehr dieses Gefallen-Wollen, sondern ich sitze da und warte einfach. Der Song entscheidet wann er kommt und auch wenn einer fertig ist. Deshalb habe ich auch das Album und die Tour verschoben, weil einfach einige Dinge noch nicht fertig waren. Wenn´s nach mir gegangen wäre, hätte ich schon viel früher Schluss gemacht. Also es ist unheimlich komplex mit dem Albumtitel, aber der Ursprung ist der, dass ich was Forderndes, aber gleichzeitig Bescheidenes wollte. Es ist eben auch wie bei „Gute Musik“, was sehr frech war, aber auf der anderen Seite auch zeigt, das sich nicht wusste, was ist es denn für Musik. Ich war mir eben einfach nur sicher, dass es gute Musik war.
Ich find´s toll, denn es ist nicht mehr so wie früher, nicht mehr dieses Gefallen-Wollen
Sven: Ja genau das ist ja eben auch der Albumtitel, wenn man sich fragt, was es denn für Musik ist. Die Musik ist an und für sich auf dem Album, hör´s dir eben halt an, wenn du es wissen willst. An und für sich es eben dieses Album mit der Musik, da gibt es dann kein Wort für, das es beschreiben könnte.
Clueso: Ja genau deswegen, es ist dieselbe Situation wie bei Gute Musik. Es ist wieder eine Defintionsfrage, wo ich wieder versuche zu definieren, was Clueso ist.
Sven: Ich find’s auch immer spannend, wenn man das ganze Album durchhört, wie kommt dann die Entscheidung die Single, die Leadsingle, zu wählen? Da sie ja auch sehr wichtig ist das Album und welche Erwartungen sie weckt an ein Album. Also wie kam es zu der Entscheidung, dass es „Zu schnell Vorbei“ geworden ist?
Clueso: Die Frage nach der ersten Single ist – egal mit welchem Künstler ich mich unterhalte – die Frage ist einfach Horror. Ich könnte Independent sein, mache einen 8 Minuten Song und bring den raus. Aber dann wird der einfach nicht gespielt und dann hören weniger Leute das Album, die es aber eigentlich auch hören könnten. Also ich mach ja auch nicht Pop, weil ich mir ausgesucht habe das ist Pop, sondern ich mache Pop, weil es populär geworden ist und ich sehe den Begriff auch ganz anders als früher. Im Hip Hop war Pop immer das Verschmutze, das Böse. Pop-Musik ist einfach einer breiten Masse zugänglich und mit einer ersten Single versucht man möglichst vielen „Hallo“ zu sagen. Und so sollte er auch eingänglich sein. Ich bin nicht der Typ, der Lieder produziert und schreibt, sondern mir passieren die Singles, so war es auch mit „Zu schnell vorbei“. Ich hab am Anfang den Song getreten und mich dagegen gewehrt, dass es eigentlich so eine poppige Nummer ist. Aber es war dann doch angreifbarer, wenn man zwangsweise aus dem Song versucht etwas anderes zu machen. In dem Sinne finde ich es auch viel poppiger, wenn man versucht einen Song anders zu machen, wenn du verstehst was ich meine. (lacht) Einfach unechter und er ist auch das Thema vom Album. Auf dem Album geht’s um das Jetzt und um das Jetzt genießen. Gerade auch für mich, denn ich bin so ein rastloser Mensch, da muss ich mir selbst mal vor Augen halten, dass ich die Wegstrecke viel mehr genießen muss.
Sven: Ja das habe ich mir auch so gedacht, dass es schwierig ist einen Song zu wählen, der dann auf das ganze Album schließt. Wobei man ja eigentlich das ganze Album hören müsste um die Bandbreite auch mitzubekommen.
Clueso: Aber klar, kann ich auch zugeben, dass zum Zeitpunkt der Festlegung der ersten Single noch nicht alle Songs fertig waren. „Zu schnell vorbei“ war soweit fertig und bot sich einfach an. Aber ich glaube auch nicht mehr an den Spruch, dass es für den ersten Eindruck keine zweite Chance mehr gibt. Ich denke immer der letzte Eindruck zählt. So ein Ding muss einfach auch im Horizontalen Sinn machen und „Zu schnell vorbei“ ist einfach auch im Zuge der Tourverschiebung sinnvoll, denn die Zeit verging viel zu schnell. Die Single passte zum Geschehen und so erzählt sich die Geschichte weiter.
Sven: Ich glaube die Position muss man sich aber auch erst mal erarbeiten, denn bei einer Newcomerband ist es sicher schwierig „irgendeinen“ Song rauszubringen. Man muss da schon den Knaller-Song rausbringen um die Aufmerksamkeit zu bekommen. Du wirst sicher schon das Glück haben, in der Position zu sein, dass die meisten sich nach der ersten Single auch das Album anhören wollen.
Clueso: Das hoffe ich. Im Prinzip ist es ja auch mein Ziel, weshalb ich ein ganzes Album mache, damit man auch das Ganze sich anhört. Die Singlefrage ist so schwierig, da man ein Teil eines Ganzen herausgreifen muss und damit die gesamte Geschichte erzählen soll. Aber da ich Clueso bin, der in jedem Song auch etwas anderes erzählt – auch von der Musik her – ist es relativ schwierig zu sagen, das ist jetzt mein Stil.
Sven: Interessant finde ich auch in Zeiten von Lady Gaga und Co., wo manchmal die Show um die Musik größer ist als der eigentliche musikalische Wert. Was sagt eine Plattenfirma zur Albumproduktion, wie viel Einfluss haben sie und wie sieht generell der Einfluss von außen aus?
Clueso: Es kommen immer sehr sinnvolle Tipps, manchmal auch Unsinnige aus künstlerischer Sicht. Niemals hat sich meine Plattenfirma eingemischt in meine Songs. Die Tipps waren dann in der Form, dass sie sagen, dass zum Beispiel mit 1 Minute Pause in einem Musikvideo, Viva den Clip nicht spielt. Sie denken an das Produkt und geben da Tipps. Ich habe mich in dem Fall aber entschieden, dass das Video zu „Zu schnell vorbei“ die lange Songversion enthält. Wem´s nicht gefällt, soll´s halt ausmachen. MTV und Viva sind im Prinzip tot – was ich persönlich auch gut finde – denn viele Künstler haben Videos gedreht mit vielen Ideen und mit viel Geld, die dann abgelehnt wurden. Das ist einfach schade, wenn man nichts mehr ausprobieren kann, nichts mehr anders machen darf, wenn es dann nicht mehr gespielt wird. Es ist eben jetzt die Zeit der digitalen Revolution, die wir Künstler nutzen können und sollten. Warum nicht ein Video in Überlänge machen? Man muss eben neue Wege finden und auch in Sachen CD-Verkäufe sind neue Ideen gefragt. Wir haben mit einer Revolution für Deutschland reagiert, dass wir mit dem Kauf der Tickets für die Tour einen legalen Download des Albums mit raushauen. Das hat noch niemand in Deutschland gemacht.
Es ist eben jetzt die Zeit der digitalen Revolution, die wir Künstler nutzen können und sollten.
Sven: Vielleicht auch eine schwere Frage, aber welcher Song ist dein Lieblingslied auf deinem neuen Album?
Clueso: Wie man auch Musik hört, ist es Tagesform abhängig. Aber „Beinah“ mag ich sehr gern, da ist so wenig drin. Es gibt nur eine Orgel und ´nen Beat. Gesang und Gitarre und am Ende noch ein kleines lustiges Keyboard. Den Song find ich cool vom Style her. Von der Tiefe finde ich „Herz“ schön, der geht immer tiefer. Das liegt daran, dass ich auf dem Song etwas anderes vorgebe durch den Elektro-Beat und dann als Sänger, als Typ in dem Lied, nicht ausbreche. Er beschreibt, dass dieses Herz überall rumliegt und nicht nur an einem Platz. Und von der Leichtigkeit her mag ich „Ich bin fürs Rollen“.
Sven: Ja definitiv, denn „Herz“ bekommt man gar nicht mehr aus dem Kopf. Und es ist komisch, aber der Herzschlag passt sich dem Beat an, auch wenn der Song gar nicht mehr läuft. Auch „Herz“ hat ein langes Intro, was generell sehr viel auf deinem neuen Album zu hören ist, wie kam es zu der Entscheidung?
Clueso: Ja alle Songs am Anfang der Platte haben Überlänge. Das ist bewusst so gemacht. Wir wollten Musik ihren Platz lassen, nicht auch noch die Lücken bespielen. Musik hört man oft im Auto, in der Straßenbahn oder sonst wo, da wird man nie denken ein Lied ist zu lang. Ich wollte mich da einfach nicht mehr an die Konventionen halten. Der Song ist der Chef.
Sven: Ein Track, der mir im Kopf geblieben ist, ist „Ey der Regen“, da ich auch grade vor kurzem mir das FK10 Best Of Freundeskreis Album geholt habe und dann verwirrt war beim Clueso-Hören, ob er gerade das Album gewechselt hat. Das fing der Song mit „immer wenn es regnet an“!
Clueso: Selber meine eigene Band hat gesagt: „Aaah, er ist es wirklich!“, da sie vorher dachten ich sei es auf dem Track. Aber es ist wirklich Max Herre. „Ey der Regen“ ist wirklich auch ein schöner Song, der durch eine Situation mit einer Freundin entstanden ist. Sie hat getrauert und ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Sie hat den Song geprägt dadurch, dass sie gesagt hat: „Horch mal, der Regen klingt wie ein kleiner Applaus“. Und mit Max bin ich einfach auf einer Wellenlänge, wir stehen auf dieselben Sachen, aufs Songschreiben, auf dieselbe Musik, Künstler. Wir telefonieren öfters und dann redet auch jeder erst mal ´ne Stunde darüber, wie es einem geht und schüttet sein ganzes Herz aus.
Sven: Deine Musik ist ja oft sehr nachdenklich. Ist es eher zum Teil deines eigenen Stils geworden, das was den Clueso Sound ausmacht oder steckt darin auch viel Lebenssituation, wie es dir geht, wie du dich fühlst?
Clueso: Beides, es ist nicht etwas was ich aus mir rausreiße, ich schreibe einfach auch gerne nachdenkliche Lieder. Ich finde „An und für sich“ ist weniger nachdenklich als bei „So sehr dabei“, gerade auch weil die ersten drei Songs so eine Energie haben. Es ist ein Stil, das sich einfach nachdenkliche Sachen schreibe, es macht mich einfach glücklich, die wollte ich aber in ein anderes Gewand packen. Das man zum Beispiel so ein Ding schreibt wie „Herz“ was eigentlich eine Ballade ist, aber mit einem Elektro-Beat. Einfach was Grooviges. Die Songs bleiben natürlich Clueso, aber das musikalische Gewand ist einfach mit mehr Energie geladen und macht mehr Freude. Die Band ist auch schon ganz heiß auf Tour zu gehen und die Lieder live zu spielen.
Sven: Ich bin ebenfalls ganz heiß, die Songs live zu hören. Clueso ist ein Erlebnis, das nur aus der Kombination aus Studioalbum und Konzert in allen Zügen zu genießen ist. Vielen Dank für das Interview und ich wünsche viel Erfolg für die Platte. 2live4music steht dir treu zur Seite!
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2live4music-Interview mit Cassandra Steen

2live4music im Interview mit der deutschen R´n´B-Stimme Cassandra Steen
2l4m-Chefredakteur Sven Rickert mit Cassandra Steen.

Bereits vor 14 Jahren, mit zarten 17 Jahren, sang Cassandra Steen sich auf dem Freundeskreis Track "Wenn der Vorhang Fällt" in die Gehörgänge der deutschen Hip Hop- und Soul-Gemeinschaft. Mit einer einzigartigen Stimmfarbe und mit purer Emotion in ihrem Gesang, überzeugte sie damals Moses Pelham sofort, der sie für sein Label 3P unter Vertrag nahm. In Zusammenarbeit mit Martin Haas veröffentlichte das Trio unter dem Bandnamen "Glashaus" drei kommerziell erfolgreiche Alben und jede Menge Hits. Cassandra wurde zu der Fachfrau für gefühlvolle Balladen und die deutsche Elite im Musik-Bizz wollte Cassandras Stimme auf ihren Songs haben. Xavier Naidoo, Sabrina Setlur, Bushido, Azad sind nur die Bekanntesten einer langen Liste von Künstlern,mit denen sie zusammengearbeitet hat.. Doch das Leben als Balladen-Sängerin und Featuring-Artist hatte auch seine Schattenseiten.
Cassandra wollte auf eigenen Beinen stehen und veröffentlichte ein mäßig-erfolgreiches Solo-Album namens "Seele mit Herz". Schritt für Schritt schwamm sie sich frei und das merkte man nicht nur an ihrem wachsenden Lächeln, sondern vor allem an ihrer Musik. Ihr letztes Album "Darum Leben Wir" wurde mit Gold ausgezeichnet und zeigte bereits ihre positive Entwicklung zu einer eigenständigen Solo-Sängerin. Der traurige Klang in Deutschlands Soul-Stimme aus Glashaus-Zeiten löste sich von ihr und der Platin-Erfolg ihrer Uptempo-Single “Stadt" mit Adel Tawil wurde zum größten deutschsprachigen Radiohit 2009. Der Fluch der Balladensängerin war gebrochen und das zeigt sich nun eindrucksvoll in ihrem neuen Album. Der neue Longplayer wird "Mir so nah" heißen und hat als Vorboten die erste Single "Gebt Alles" mit im Gepäck. Im April wird es heiß, denn am 1.04.2011 (Kein April-Scherz) erscheint die Single und das Album folgt noch im selben Monat am 29.04.! Ihre neuen Songs klingen immer noch typisch nach Cassandra Steen, aber "Mir So Nah" ist bedeutend positiver, fröhlicher und tanzbarer geworden. Es scheint ein Knoten geplatzt zu sein, denn Cassandra wirkt auch im Interview mit Schwulissimo-Redakteur Sven Rickert befreit und rundum glücklich. 2live4music hat Cassandra über das neue Album, über ihr neues Selbstbewusstsein und die drei großen Männer in ihrem Leben ausgefragt.

Sven Rickert: „Zunächst muss ich dir sagen, Cassandra, dass du Schuld bist, dass ich einen Song nicht mehr aus dem Kopf kriege: „Heute Nacht mal ich mein Herz grün-schwarz – Camouflage, grün-schwarz, Camouflage“!
Cassandra Steen: „Oh yes, das ist sehr gut! Genau so war´s gedacht, dann nehme ich gerne die Schuld auf mich!“
Sven: „Wenn man deine Solo-Platten hört, dann weiß man, dass es der richtige Weg war auf eigenen Beinen zu stehen und sich von Glashaus zu trennen. Denn das neue Album „Mir So Nah“ klingt freier, lebensbejahender und einfach fröhlich. Was ist da passiert in Dir?“
Cassandra: „Ein ordentlicher Wachstumsschub, ich hoffe in die richtige Richtung. Die Nachfrage nach Uptempo-Songs ist so hoch und ich wollte mich einfach trauen weg von der balladesken Musik hin zu etwas Progressiveren.  Auf dem neue Album hat das Lied „Leben“ alle, die an der Produktion des Albums beteiligt waren, inspiriert auch mal wirklich was Neues auszuprobieren und Gas zu geben.“
Sven: „Beim letzten Album „Darum Leben Wir“ wusste ich beim ersten Durchhören sofort, dass „Stadt“ die zweite Singleauskopplung werden muss. Bei deinem neuen Album war es der Song „Camouflage“, bei dem sofort die Hitlampen in mir angegangen sind.“
Cassandra: „Camouflage ist definitiv ein Single-Kandidat, der definitiv eine andere Seite von mir zeigt!“
Sven: „Die drei wichtigen Männer, die dich in deinem Leben begleitet haben und deinen musikalischen Werdegang beeinflusst haben, sind nun auch wieder auf deinem neuen Album vertreten. Adel Tawil von Ich & Ich, Xavier Naidoo und auch Moses Pelham. Wie war die Zusammenarbeit mit den Drei?“
Cassandra: „Die Zusammenarbeit mit Moses war wie in früheren Zeiten. Er hat sich so weiterentwickelt und ich habe mich sehr über seine Songs fürs neue Album gefreut. Damals zu Glashaus Zeiten habe ich gebeten auch mal positivere Stücke zu machen, doch da konnte er nichts damit anfangen. Doch plötzlich hatte er diese wahnsinnig guten Songs, bei denen ich gar nicht ´Nein´ sagen konnte. Es war eine sehr angenehme Zeit und Atmosphäre. Adel wusste durch die Zusammenarbeit auf „Darum Leben Wir“ genau, was ich will und hat auch fürs neue Album wieder die perfekten Songs abgeliefert. So ist auch die neue Single „Gebt Alles“ entstanden. Mit Xavier ist es einfach eine besondere Magie, denn zusammen im Studio braucht er einen nur anzusehen und dann fängt er an einen Song zu schreiben. Ich war wirklich froh über alle aus meinem Team, dass sie mich so weit schon kannten und wahrgenommen haben, wie ich bin und wie sich meine Musik anhören soll.
Sven: „War denn der Draht zu deinem früheren Label 3P und vor allem Moses Pelham immer da oder hattet ihr auch eine Zeit der Funkstille, nachdem du Glashaus verlassen hast?“
Cassandra: „Der Kontakt war immer da! Viele glauben, dass wir im Bösen auseinander gegangen sind, aber Moses war damals sehr verständnisvoll. Ich wollte sehen, was ich allein auf die Beine stellen kann. Klar ist es eine traurige Sache gewesen, aber dafür war es umso schöner wieder zusammen zu kommen und neue Musik zu machen. Der gewisse Abstand war auch nötig um getrennt zu wachsen zu können und gestärkt wieder zusammen zu kommen.
Sven: „Wenn man auf die 14 Jahre Musik-Karriere schaut, wie hat sich die Art und Weise verändert ein neues Album zu produzieren? Also von deinem ersten Solo-Album „Seele Mit Herz“  zu deinem neuen Album „Mir So Nah“ und auch zu der Zeit mit Glashaus?
Cassandra: „Grundsätzlich hat sich alles geändert. Es ist nicht mehr so bedrückend. Es hatte etwas Trauriges generell in meinem Leben, das ich abschütteln konnte. Und das spiegelt sich auch in meinem Album wieder. Es war endlich auch Zeit dazu, was Neues zu machen, gerade auch Live auf der Bühne mal stärker nach vorn zu gehen. Ich freue mich so sehr mit der Band auf große Tournee zu gehen. Die Musik sollte nicht an Tiefe verlieren, aber lebensbejahend sein, weil mein Leben einfach so ist.“
Sven: „Die erste Single wird „Gebt Alles“, die Zusammenarbeit mit Adel, werden. Warum gerade dieser Song als erste Single?“
Cassandra: „Die Entscheidung fiel uns wirklich nicht leicht, da wir wirklich denken, dass wir einige Kandidaten haben, die eine Single werden könnten. „Gebt Alles“ war einfach ein Titelsong für das Album, denn das ganze Team hat einfach alles gegeben. Und die Botschaft des Songs ist einfach toll. Man soll sich nicht zurückschrecken lassen und selbstbewusst sein. Manchmal wird Selbstbewusstsein als negativ angesehen, aber ich will einfach auffordern stark zu sein und zu sich selbst zu stehen. Es geht an die Ärzte, die Politiker, einfach an Alle.“
Sven: „Wenn du vom neuen Selbstbewusstsein sprichst und man sieht, dass du früher sehr viele Featurings gemacht hast, dann fragt man sich, warum sind keine wirklichen Duette auf dem Album? Ist das die neue Stärke von der du gesprochen hast?“
Cassandra: „Es war mir wichtig, ich wollte das allein machen. Klar war es bei Xavier schwer nicht zu zusagen mit ihm ein Duett aufzunehmen. Aber es war auch eine Herausforderung an die anderen Künstler im Hintergrund zu bleiben und mich als Person Cassandra Stehen in den Songs so aufzugreifen, dass es mich auch wiederspiegelt. Das Feature war nicht nötig, denn ich wollte einfach mal wissen, wie es ist, ein Album allein zu machen.
Sven: „Was ist dein Lieblingssong auf dem Album? Gibt es einen Lieblingssong oder wechselt das auch von Tag zu Tag und von Stimmungslage zu Stimmungslage?“
Cassandra: „Der Song „Leben“ war das Baby der Platte, der hat jeden angesprochen. Aber momentan höre ich ständig „Ich fühl es nicht“. Ich freue mich so sehr, den Song live zu performen, denn er kann vom Instrumental her international mithalten und ist doch so einfach gestrickt. Es ist eine neue und andere Art von Ballade von mir, die mir sehr gut gefällt.
Sven: „Wenn du grad von international spricht, da ist meine Frage, kannst du dir vorstellen in Englisch zu singen, gerade weil du ja auch zweisprachig aufgewachsen bist mit Deutsch und Englisch? Was bedeutet dir die deutsche Sprache in deinen Songs?“
Cassandra: „Ich muss ja gestehen, dass es mir am Anfang aufgedrängt wurde auf Deutsch zu singen. (lacht) Mittlerweile ist es eine Herausforderung Musik auf Deutsch zu machen, die weltweit mithalten kann. Man muss sich nur trauen, denn der deutsche Markt hat sehr viel zu bieten und gerade was die Instrumentals angeht, können wir mit den Amerikanern mithalten. In meiner Platte spiegelt sich das auch sehr gut wieder. Die Künstler, die an meinem Album mitgewirkt haben, haben die deutsche Sparte für mich auch bequem gemacht. Xavier kann einfach auf Deutsch das Gefühl übermitteln und einen Song kreieren, der ohne den internationalen Soul zu kopieren, seine eigene Seele hat.  „Mir So Nah“ ist auf eine Weise etwas ganz Neues auf dem deutschen Markt, das noch niemand so gemacht hat.“